von unserer pädagogischen Mitarbeiterin (Sprachen) Dr. Susanna Gaidolfi.
Warum mögen wir bestimmte Sprachen? Wenn wir an unsere Muttersprache denken, finden wir in ihren Lauten und Worten Geborgenheit und Erinnerungen. Wir erkennen uns in ihr. An einer anderen Sprache mögen wir vielleicht den Klang und die Intonation genauso wie die Welt, die sie enthält. Wenn wir eine andere Sprache lernen, weitet sich unser Blick auf die Welt. Und wenn wir Italienisch lernen – meine zweite Muttersprache -, können wir die Welt kennenlernen, die sich darin verbirgt. Der Umgang der Menschen miteinander, die Kultur, die Geschichte.
Genau deshalb lohnt es sich, andere Sprachen zu lernen: Weil sie ein Fenster in ein anderes Land sind und damit immer in eine (etwas) andere Welt. Wer Schilder lesen kann, findet sich auf der Reise und in fremden Städten besser zurecht. Die Einheimischen können uns Dinge verraten, die wir ansonsten nie erfahren hätten, ob es nun um das beste Restaurant der Stadt geht oder um die Lebensgeschichte eines irgendwie mit dem Erzähler verbundenen Menschen („Der Ehemann der Cousine vom Nachbarn meiner Kollegin“ ist kein unüblicher Geschichtenanfang). Wenn man weiß, was „cozze“ sind, wird man sie im Lokal bestellen (wenn man sie denn mag). Zu wissen, dass „puzzare“ nicht „putzen“ bedeutet und eine „nonna“ keine Ordensfrau ist, kann durchaus hilfreich sein.
Meine Zweisprachigkeit hat mir auch geholfen, meine beiden Sprachen – Deutsch und Italienisch – besser zu verstehen. Durch eine weitere Sprache lernen wir auch die Besonderheiten unserer Muttersprache besser kennen. Und wir erkennen vielleicht Lücken, in beiden Sprachen. Gibt es ein einfaches italienisches Wort, das „basteln“ entspricht? In der Familie sagen wir seit meiner Kindheit „bastelare“ – was meine Verwandten in Piacenza eben nicht verstehen. Und was macht man mit einem Fenster, das man nicht ganz öffnet? „Puoi kippare la finestra, per favore?“
Nicht immer wusste ich meine Sprachkenntnisse zu schätzen. Im Musikunterricht in der fünften Klasse sollte ich den Text von „L’inverno è passato“ für die Klasse übersetzen – das war eine Aufgabe, die ich so gar nicht mochte und die mir unangenehm war. Doch das ist schon lange vorbei.
Es macht mir jetzt viel Freude, meine zweite Welt, die ich zu Hause geschenkt bekommen habe, an andere weiterzugeben. Zu hören, wie einst unverständliche Worte und Sätze auf einmal flüssig über die Lippen kommen. Mitzuerleben, dass Texte verstanden werden. Den Gesprächen der Teilnehmer auf Italienisch zu folgen. Fragen zur Sprache und zur Welt gemeinsam nachzugehen.
Es kann schwierig sein, eine neue Sprache zu lernen. Aber es lohnt sich. Und in einer Gruppe, die sich regelmäßig trifft, lernt es sich am besten. Wir haben motivierte muttersprachliche Kursleiter*innen, die sich darauf freuen, Euch ihre Welt (und vielleicht die eine oder andere Familiengeschichte) näherzubringen. Bei uns werden sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene fündig. Schaut Euch einfach hier mal um.